
„Ahi es!“ und geliehene Großeltern
2. März 2025
Sehr faszinierend am CMLK ist die Vielfalt und Reichweite seiner Projekte und die verschiedenen Zielgruppen mit denen das Zentrum arbeitet. Zum einen gibt es Jugendprojekte, wie die Kampagne „Ahi es!“ von und für Teenager und jungen Menschen. Zum anderen werden ältere Menschen aus der Gemeinde mit einbezogen, wenn es um Netzwerkarbeit oder Beteiligung geht. Sie standen auch im Zentrum der Fotoausstellung „Abuelas y Abuelos Prestados“ (Geliehene Großeltern) der kubanischen Fotografin Moník Molinet.
Blogbeitrag von Barbara Timmel
Auftaktveranstaltung „Ahi es!“
In dieser Woche durften wir zusammen mit ungefähr 40 Jugendlichen die Auftaktveranstaltung der Kampagne „Ahi es!“ gegen machistische Gewalt begleiten. Für uns war dies ein besonderer Bonus, da es von unserem geplanten Programm abwich und wir hautnah das Projektergebnis eines Jugendworkshops der Befreiungspädagogik miterleben durften. Natürlich mit zwei coolen kubanischen Bands, die nicht nur laut, sondern auch sehr professionell waren und das Publikum in seine Improvisationen mit einbezog. Selbst mittanzende Bewohnerinnen auf den umliegenden Balkonen wurden in die Musikshow mit einbezogen.
Presse und Fernsehen waren vor Ort und auch wir bekamen ein kurzes Interview zu den Zielen und Absichten der Kampagne. Geldgeber, zu denen zu unserer Freude auch die europäische Botschaft in Havanna gehörte, waren vor Ort, um den Auftakt zu feiern. Mit dabei waren auch Initiativen, wie das von uns kürzlich besuchte Spiralnetzwerk der Frauen, die von Gewalterfahrung betroffen sind.
Fotoausstellung ‚Geliehene Großeltern‘
In der Fotoausstellung, auf die ein Riesenposter in der Innenstadt Havannas aufmerksam machte, porträtierte sich die junge Fotokünstlerin Moník Molinet mit „geliehenen“ Großeltern in deren ganz privaten und intimen Räumen. Einblicke, die vor allem wir als Besucherinnen Kubas kaum bekommen, da wir in den Räumlichkeiten des Centros untergebracht sind. Für mich zeigte sich im Kontrast der inszenierten makellosen Jugend der selbst porträtierten Fotografin (sie benutzte dafür den Ausdruck von Brechts „Verfremdungseffekt“) auch der krasse Gegensatz zwischen den Generationen. Auf der einen Seite eine junge Frau, die es gewöhnt ist, sich im Netz darzustellen, zu agieren und weltgewandt durch die unterschiedlichsten Kulturen der sozialen Medien zu fließen, auf der anderen Seite die stehengebliebene Zeit der Alten, die der jungen Frau vielleicht den Halt geben, den sie in der neuen und chaotischen aber auch sterilen virtuellen Welt nicht finden kann.
Unnahbar wie sie sich auf den Bildern gibt, scheint sie im echten Leben nicht zu sein, denn die Besucher*innen dürfen Fotos mit ihr machen. Ein professioneller Fotograf (den wir auch beim Kampagnenstart wieder treffen – man kennt sich in der Szene!) bittet uns auf eine Couch mit Rahmung, um ein Bild von uns zu nehmen. Wie dürfen es uns anschließend zusenden lassen. Vielleicht auch, um Teil des Projektes zu werden.
Vernetzung in die Zivilgesellschaft
Diese beiden Projekte sind nur ein kleiner Ausschnitt der Arbeit des Centros, doch sie zeigen die Reichweite und den Vernetzungscharakter, der tief in die kubanische Gesellschaft hineinwirkt. Es gibt Dinge, auf die Mensch hier keinen Einfluss hat, sei es die Partei, die an der Macht ist oder die weltweiten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Aber jede*r einzelne unserer Zivilgesellschaft kann sich einbringen, wenn Dinge weh tun oder schmerzen und damit auch Veränderung bewirken. Dies geht am besten mit anderen Menschen zusammen. Es lässt Selbstwirksamkeit spüren, schafft Gemeinsinn und bringt Hoffnung und Glaube an das Gute in unsere Welt zurück. Mir macht es Mut zu wissen, dass uns diese Handlungsfähigkeit bleibt, auch zu Hause.
Weitere Beiträge und Fotos finden sich in unserem Kuba-Blog sowie über den Instagram-Kanal @weltverantwortungevlks.
