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Ein Abend in Havanna: Zwischen Luxus und Bettlern


4. März 2025

Schon vor der Reise hatte Christine Müller von der eindrucksvollen Dachterrasse des Hotels Inglaterra geschwärmt und vom Mojito auf Kuba. Am Freitagabend konnten wir beides erleben – und bekamen dazu eine Ahnung der bitteren Realität auf Kuba.

Blogbeitrag von Anne Schwesinger

Eine Alkoholfahne kam aus der Posaune, mit der ein älterer Mann „Für Elise“ spielte. Er hatte uns gefragt, woher wir kommen, und das Beethoven-Stück angestimmt. Pesos wollte er dafür keine – nur Euro oder Dollar, die ihm mehr einbringen würden. Während der 20 Minuten, die wir im Stadtzentrum von Havanna auf unser Taxi warteten, standen wir auf der Schwelle zwischen einer Welt voller Luxus und einer der Armut.

Wir standen am Eingang des Hotels Inglaterra – ein altehrwürdiges hohes Gebäude, bekannt für seine Dachterrasse und die Livebands, die dort jeden Abend bis Mitternacht spielen. Nach einem Nachmittag auf den Straßen Havannas wollten wir dort den Tag ausklingen lassen.

Wir schritten durch die Eingangshalle vorbei an goldenen Kofferwagen. Kronleuchter hingen von den hohen Decken, vor den bunt gefliesten Wänden standen Blumenarrangements. Angekommen am Fahrtstuhl stand dort über der Taste mit der Etage Nr 4. „Hotel Inglaterra – 1875“. Oben auf der Terrasse angekommen waren wir die einzigen Gäste. Der Barkeeper erklärten uns, dass der Restaurantbetrieb erst in 40 Minuten, also 18 Uhr beginnen würde. Wir genossen so lange den herrlichen Blick über die Altstadt von Havanna. 18 Uhr brachte uns der Kellner eine Liste mit Gerichten und Getränken und erklärte uns, was davon aktuell verfübar war (eine Handvoll Gerichte).

Wir stießen mit Mojito an, kosteten Kroketten und Fajita – Hähnchengeschnetzeltes. Für unsere Vegetarierin empfahl der Kellner, nur die Beilagen zu bestellen. Es gab einen Teller Reis mit Gemüse-Salat.

Nach Sonnenuntergang – etwa fünf Tische waren mittlerweile auf der Dachterrasse belegt – begann eine Band zu spielen. Buena Vista Social Club mit „Chan Chan“ durfte natürlich nicht fehlen. Der Sängerin gelang es, alle Gäste auf angenehme Art mit einzubeziehen. Schließlich standen auch wir auf, und tanzten auf der Terrasse – und schafften es, auch die Kolumbianer und die Argentinier an den anderen Tischen zum Tanzen zu bewegen. Zwei türkische Gäste warteten noch auf ihre Begleitung.

In der Pause zahlten wir. Erlaubt war das nur mit Karte, und zwar zum offiziellen Wechselkurs von 1 Euro zu 120 Pesos – der für uns ungünstiger war als der sonst übliche Straßenkurs von 1:340. Dann bestellten wir auf sehr kubanische Art ein Taxi: Wir schrieben in eine Whatsapp-Gruppe, woraufhin uns ein Zwischenhändler antwortete und Details erfragte. Für uns fünf wählten wir ein Standart-Auto, worüber wir später sehr glücklich waren. Dann meldete sich der Taxifahrer per Whatsapp: In 20 Minuten würde er da sein. Und diese 20 Minuten an der Eingangsschwelle des Hotels Inglaterra waren ähnlich erlebnisreich wie die drei Stunden zuvor auf der Terrasse.

Erst kam einer der Musiker von der Band auf der Terrasse runter, um uns zu fragen, ob wir wirklich schon gehen wollten! Sie würden doch noch weiterspielen! Dann kam ein wildfremder junger Mann vorbei, stellte sein Bier ab, tanzte mit einer von uns eine Runde Rumba, und zog mit seiner Flasche weiter. Der angetrunkene Mann mit der Posaune kam. Wir hatten nur noch Pesomünzen, die er schließlich nahm und murmelte, sie seien besser als nichts. Eine Frau, die uns ein Papiertaschentuch verkaufen wollte oder eins haben wollte, wir waren nicht ganz sicher. Ein Mann, augenscheinlich im Rentenalter, der jede von uns mit Handschlag begrüßte und nach Geld fragte.

Wir waren schon froh, als dann die Whatsapp-Nachricht kam, dass der Taxifahrer mit seinem weiß-blauen Ford Baujahr 1954 da war. In diesem Oldtimer (mit eingebautem Ford-Automatik-Motor aus dem Jahre 2003) kamen wir gut und sicher im Centro an.

Weitere Beiträge und Fotos finden sich in unserem Kuba-Blog sowie über den Instagram-Kanal @weltverantwortungevlks.

Dachterrasse des Hotels Inglaterra im Zentrum Havannas